Donnerstag, 13. Dezember 2007

Wahre Freunde

Als Snowy ihre Höhle verließ, hatte sie das Gefühl, in einer anderen Sphäre ihrer Welt zu sein. Die Geräusche, die sie morgens verschärft wahrnahm, überwältigten sie heute beinahe. Der Bach murmelte lauter und klarer. Er toste und gluckerte. Nur das Signal, das ihr mitteilte, dass sie die Straße überqueren dürfe, schien ausnahmsweise erstaunlich leise zu sein.
Während Snowy so den Berg hinauf ging, umspielte kurz ein Lächeln ihre Mundwinkel. Sie musste an ihr Gespräch mit dem psychopathischen Zauberer am vergangenen Tag denken. Er schaffte es immer, sie auf zu muntern und jedes ihrer Probleme zur Nichtigkeit zu erklären, die sich schon von allein erledigen würde. Sie wusste nicht, wie er das machte, doch glückte es jedes Mal. Snowy schickte dem Zauberer eine Nachricht, die er dann bei seinem meist sehr plötzlichen Erscheinen beantwortete oder seine Meinung dazu kund tat.
Er kannte sie erschreckend gut... eigentlich hatte er Snowy schon nach den ersten fünf Minuten ihres ersten Gespräches verblüffend gut gekannt. Manchmal machte er ihr fast Angst damit, weil sie ihn nicht einschätzen konnte, doch er dafür alles über die kleine Snowy zu wissen schien. Aber das gehörte wohl zu den Privilegien von Zauberern. Sie konnten alles wissen, blieben allerdings für andere immer ein Rätsel.
Ihr war dies einerlei, denn sie mochte den Zauberer, egal wie psychopathisch er manchen erschien (Snowy gelegentlich eingeschlossen) oder wie sehr er mit seiner nicht immer unkomplizierten Art bei anderen aneckte. Die Sympathie schein wohl auf Gegenseitigkeit beruhen, denn sonst würde er nicht jedes Mal erscheinen, sie nicht trösten, sich mit "bis Morgen!" verabschieden, über bestimmte Ereignisse in ihrem Leben weiter informiert werden wollen oder immer wieder absolut absurde Unterhaltungen mit ihr führen, bei denen andere vermutlich nur den Kopf schütteln und davon gehen würden.
Was andere auch über den psychopathischen Zauberer in schwarz denken mochten, für Snowy war er ein Freund, der ihr mit Rat und Trost zur Seite stand, wenn sie ihn brauchte.

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